12.9.12

San Salvador.

Das hier ist die erste Hälfte der Kurzgeschichte "San Salvador" von Peter Bichsel und eigentlich auch nur meine Deutschhausaufgabe, aber sei's drum. Ich habe nur die Erzählperspektive von neutral zu auktorial gewechselt, die Handlung und Idee der Geschichte sind nicht von mir.

In der entzückenden Papeterie am Ende der Hauptstraße hatte er sich eine Füllfeder gekauft. Obwohl er bereits zwei besaß, schien ihm eine dritte keineswegs überflüssig. Er hatte Freude an Neuem.
Nachdem er mehrmals seine ganze Identität in Form von seiner Unterschrift, seinen Intitalien, seiner Adresse und der seiner Eltern zusammen mit einigen Wellenlinen, die ihn unweigerlich an das warme, weite Meer denken ließen, auf ein Blatt schrieb, nahm er einen neuen Bogen, denn er mochte Neues, und schrieb in seiner Sonntagsschrift: "Mir ist es hier zu kalt," und fügte entschlossen an, "ich gehe nach Südamerika." Mit der üblichen Einöde im Kopf schraubte er den Deckel auf die Feder, betrachtete den Bogen und sah, wie das Papier genüsslich die Tinte in sich aufsog. Die Worte auf dem Papier klangen echoartig unter seiner Schädeldecke nach. Immer wieder, wie ein Mantra. Er nahm erneut die Feder zur Hand und fügte großzügig seinen Namen Paul unten an.
Dann saß er da. Es geschah nichts.
Um sich irgendwie zu beschäftigen, begann er nach einer Weile der Untätigkeit die Zeitung vom Tisch zu räumen, Kinoinserate zu überfliegen und den Aschenbecher beiseite zu schieben. Er dachte an sein Leben, wie es soweit verlaufen war. Seit Kindesbeinen war es in geregelten Bahnen gelenkt, früh hatte er gelernt Bescheidenheit vorzutäuschen. Das Tier in ihm, das nach Veränderung schrie und ihn zu Tatendrang bewegte, hatten er und seine Umwelt gezähmt. Ein neuer Füller, ein neues Paar Schuhe, das waren die Höhepunkte seines Lebens, stellte er erschrocken fest und fragte sich, ob er zu mehr überhaupt noch in der Lage war.
Er zeriss das erste Papier mit den Wellenlinien wieder, entleerte seine Feder und befüllte sie wieder. Für die Kinovorstellung war es zu spät. Ihm schien es für alles zu spät. Er war alt.
Er setzte sich wieder an den Küchentisch und wartete bei Radiomusik auf seine Frau Hildegard. Sie war bis neun im Kirchenchor und würde um halb zehn heimkehren, wie jedes Mal, alles wie gewohnt. Er drehte das Radio ab. Auf dem Tisch vor ihm lag nun dieses Dokument der Entschlossenheit, doch in Paul war keine lodernde Flamme. Würde die Glut jemals wieder größer, gar etwas zum brennen bringen? Er wünschte es sich. Ihm war es hier zu kalt.

5 Kommentare:

  1. Das klingt doch super! :D
    Aber Eichhörnchen sind süßer ales betrunkene kerle..:D

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  2. baaah,wir kriegen die selben hausaufgaben auf

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  3. Eigentlich müsste ich dir aus Prinzip wiedersprechen damit wir mal wieder diskutiern können :p
    Aber lassen wir das mal, ich stimm ja überein mit dem was du sagst.

    & HI LIZ!

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  4. Ich fand die Geschichte lahm.. aber muss dran liegen, dass ich sie zum ersten mal bei deinem Ex Deutsch Lehrer gelesen habe.. das war ranzig. und dann nochmal ...

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  5. Ziemlich schlaues "Gutmenschgelaber", hihi. Danke dafür!

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