21.9.13

Ein Viertel.

Mit 20 Jahren ist rund ein Viertel deines Lebens vorbei (angenommen, du bleibst bis ins hohe Alter gesund). Stell dir vor, noch 3 mal die dir bekannte Lebensspanne zu verbringen und dann bist du weg - spätestens.


Seit dem die Mutter meines Freundes Lungen- und Luftröhrenkrebs hat (und vielleicht auch noch einen Hirntumor), muss ich mich oft in sie hineindenken. Was muss in ihr vorgehen? Ich kriege das kalte Grauen, wenn ich mir vergegenwärtige, was ich hier im ersten Abschnitt geschrieben habe. Aber sie.. Sie weiß mit 100% Gewissheit, dass sie nie mehr geheilt wird. Der Tumor an der Luftröhre ist inoperabel. Mit lebensverlängernden Maßnahmen blieben ihr maximal drei Jahre zu leben. Und sie weiß es ganz genau. Was sie nicht weiß, ist, ob sie einen Tumor im Kopf hat. Lungenkrebs soll wohl gerne mal in Nieren und Hirn wandern. Nieren sind gecheckt - negativ- und auf die Ergebnisse vom Kopf wartet sie noch. Ein positives würde ihr Leben auf maximal ein Jahr verkürzen. Mach das Gedankenexperiment einfach, du wirst wissen, was ich meine und wie man sich fühlt.
Ich denke über mein Leben nach, wie es sein wird und wie es enden wird. Ich stelle mir vor, wie es ist - zu sterben. Der eine Moment, wo man die Augen schließt und weiß, dass es nie wieder etwas geben wird. Man kann es sich nicht vorstellen, einfach nichts wahrzunehmen; kein Bewusstsein mehr zu haben. Oder kann mir jemand beschreiben, wie es sich an fühlt zu schlafen? Wie es wohl sein muss, wenn man alt oder krank ist und sich jede Nacht vor dem Schlafengehen fragt, ob man den Morgen erleben wird. Nachts macht mir der Gedanke etwas Angst.
Früher war ich niedergeschlagen, traurig, mies gelaunt; man mag es nennen wie man will. Momentan bin ich sehr ausgeglichen, ja sogar glücklich. Bis auf die Angst. Eine Erkältung ist mir eigentlich ziemlich egal, klar; es ist scheiße krank zu sein, aber eine Erkältung vergeht.. Sollte man meinen. Was ist, wenn das nur typische Erkältungsymptome sind, die auf eine tödliche Krankheit hinweisen? Eine HIV-Infektion ähnelt im Anfangsstadium einer Grippe, geschwollene Lymphknoten könnten eine Grippe oder auch streuender Krebs sein. Mein Herz schlägt so schnell, könnte das ein Herzfehler sein? Es ist so lächerlich und ich weiß selbst, wie unwahrscheinlich und übertrieben meine Gedanken sind, aber die Angst vor todbringenden Krankheiten hat mich fest im Griff seit der Krebsdiagnose von T.s Mum. Nicht nur, dass ich befürchte, ich werde krank; was ist, wenn meine Eltern krank werden? Mein Vater ist seit Dekaden schon Kettenraucher, ihn könnte Lungenkrebs genau so treffen. T.s Mum hat seit über 15 Jahren nicht geraucht und trotzdem hat es sie erwischt! Was ist, wenn meine Mutter stirbt? Klar wird sie irgendwann sterben, aber ich kann es mir einfach nicht vorstellen. Meine Schwestern, mein Bruder, meine Freunde, T....? T. hat erblich bedingte erhöhte Krebsgefahr, was ist, wenn er mir genommen wird? 
... bevor das ganze hier zu umgreifend wird, hör ich auf. Ich denke, ich konnte verdeutlichen, was für ein Shitstorm in meinem Kopf abgeht. Ich werde zum Hypochonder, obwohl ich es lächerlich finde.

Irgendwann blicke ich auf mein Leben zurück und werde mich fragen: War's das schon?

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